Vor dem
ersten Schnitt
Fotos
Juli Sing

Viele Mitarbeiter des Rikshospitalet in Oslo kommen mit dem Fahrrad zur Arbeit, ein Erfolg der Stadtpolitik, die viel in den Ausbau des Radnetzes investiert. Auch in der Gesundheitspolitik setzt Norwegen Standards. Auf 1.000 Einwohner kommen vier Ärzte und 18 Pflegekräfte, das ist führend in Europa. In der orthopädischen Chirurgie des Rikshospitalet sind gut ausgebildete Pflegekräfte eine zentrale Säule des Systems. Sie organisieren die Abläufe, bedienen die medizinische Technik und kümmern sich um die Patienten.

2017 veröffentlichten die Vereinten Nationen den Human Development Report, dessen Index die Lebenserwartung, den Bildungsstand und das Einkommen der Einwohner in verschiedenen Ländern untersucht. Je höher die drei Faktoren ausfallen, desto höher der Index. Auf dem ersten Platz befindet sich mit Norwegen eines der bevölkerungsarmen Länder Europas. Norwegen ist und bleibt Musterbeispiel, wenn es um die Gesundheitsversorgung seiner 5,34 Millionen Einwohner geht. Dabei mangelt es dem Land nicht an geografischen Herausforderungen: Der dünnbesiedelte Norden muss medizinisch ebenso hochwertig versorgt werden wie die bevölkerungsreiche Region um die Hauptstadt Oslo. Dazu kommen teilweise schwierige Witterungsbedingungen und eine schlecht ausgebaute Infrastruktur fernab der Ballungsräume.
Gesundheitsversorung in Norwegen:
die Rolle der Krankenhäuser
Norwegen begegnet dieser Herausforderung mit einem gut ausgebauten Netz an Hausärzten, die erste Ansprechpartner für Patienten bei allen Krankheitsbildern sind. Die Krankenhäuser stellen dagegen zentrale Versorgungsknotenpunkte dar, in die ein Patient bei akuter Notlage oder aber bei einer anstehenden Routine-Operation gebracht wird. Die wichtigste Versorgungsschnittstelle Norwegens ist die Universitätsklinik in Oslo (Oslo University Hospital, abgekürzt OUH), das größte Krankenhaus Skandinaviens. Das OUH ist Notfallklinik für ganz Ost- und Südnorwegen und versorgt damit einen großen Teil der norwegischen Bevölkerung.
Am Standort Rikshospitalet im Norden der Hauptstadt hat die orthopädische Chirurgie ihren Platz. Hier werden in neun Operationssälen mehr als 150 verschiedene Operationsarten mit unterschiedlichen Methoden durchgeführt. Der Schwerpunkt der Abteilung liegt auf der Pädiatrie, der Hand- und der Wirbelsäulenchirurgie. Fast 30 OP-Schwestern und -Pfleger kümmern sich hier um die Patienten, die Abläufe und die medizinische Technik.

Heidi Garberg ist die leitende OP-Schwester der Abteilung. Sie ist seit mehr als 25 Jahren in ihrem Beruf tätig und, nach Stationen bei der Armee, in der Sterilgutversorgung sowie als interne Auditorin wieder in den Operationssaal zurückgekehrt. »Eine Krankenstation ist letzlich ein großes Logistikunternehmen«, sagt Heidi. Entscheidend sei die präzise Planung der Operationsvorbereitungen. Sie legt zum Beispiel jeden Tag gemeinsam mit den Ärzten fest, welches mobile Röntgengerät wann und wo benötigt wird. Dabei habe jeder Arzt auch spezielle Vorlieben und Lieblingssysteme. »Die Handchirurgen bevorzugen zum Beispiel ein kompaktes System wie den Ziehm Solo FD«, sagt Heidi und versucht, wann immer es möglich ist, die einzelnen Wünsche zu berücksichtigen.
Medizintechnik:
leicht, kompakt, wendig
Läuft man durch die Flure, die die einzelnen Operationssäle miteinander verbinden, wird schnell deutlich, wie wichtig mobile Röntgensysteme zur intraoperativen Kontrolle sind, denn links und rechts parken C‑Bögen und warten auf ihren Einsatz oder eine professionelle Reinigung. Der orthopädischen Chirurgie allein stehen fünf Systeme in unterschiedlichen Ausstattungen zur Verfügung. Entscheidendes Kriterium ist die Kompaktheit der Geräte, die leicht manövrierbar sein müssen und gleichzeitig nicht viel Platz beanspruchen dürfen.
Heidis Kollegin Trude Rosvold, OP-Schwester in leitender Funktion, gibt den Tagesplan jeden Morgen an das Pflege-Team weiter. Sie koordiniert Personal und Equipment in den unterschiedlichen Operationssälen und schiebt die Röntgensysteme bei Bedarf auch selbst dorthin, wo sie gerade benötigt werden. »Wir haben zahlreiche Instrumente und Systeme, die nicht nur viel Geld kosten, sondern auch unter detaillierten Vorgaben vorbereitet werden müssen. Letztendlich beginnt eine Operation nicht erst, wenn der Chirurg den Schnitt setzt. Für uns beginnt sie schon Stunden früher, wenn wir mit der Vorbereitung anfangen«, erklärt Trude.


Um sieben Uhr morgens herrscht deshalb in der orthopädischen Chirurgie bereits Hochbetrieb. Auf den Fluren trifft man zahlreiche Schwestern und Pfleger an, die alle Operationssäle für die Eingriffe vorbereiten. »Die OP-Schwestern sind jeden Tag stundenlang auf den Beinen und leisten harte körperliche Arbeit. Für uns ist es deshalb vor allem wichtig, dass die C-Bögen sich leicht in unseren Tagesablauf integrieren lassen. Und zwar leicht im wahrsten Sinne des Wortes: Wir lieben unsere C‑Bögen, weil sie wendig und einfach manövrierbar sind«, sagt Trude.
Sind die Vorbereitungen abgeschlossen, bedient das OP-Personal den mobilen C‑Bogen während der Operation. Die Ärzte müssen sich auf die Systemkenntnisse der Pfleger hundertprozentig verlassen können, weshalb der Umgang mit dem hochtechnisierten Equipment nicht nur gelernt und geübt, sondern auch nachgewiesen werden muss.

Für die Aus- und Weiterbildung der OP-Schwestern ist Jorunn Hommelstad zuständig. In ihrem Büro befinden sich endlose Reihen an Ordnern mit Zertifikaten und Dokumentationen. Um den C‑Bogen im Operationssaal bedienen zu dürfen, müssen die Schwestern und Pfleger eine Präsenzschulung sowie ein Online-Training absolvieren, in denen sie den Umgang mit dem System lernen. Die Trainingsergebnisse sowie das Wissen über die Inhalte des Systemhandbuchs werden von Jorunn in einem Test überprüft. Können Kandidaten die Fragen nicht beantworten, müssen sie erneut am Training teilnehmen. »Außerdem haben wir eine kurze Zusammenfassung der besten Tipps und Tricks entwickelt. Da alle Ziehm C‑Bögen die gleiche Benutzeroberfläche haben, muss das OP-Personal nur auf ein System trainiert werden. Kennt man eines, kennt man alle. Das erleichtert uns die Arbeit natürlich sehr«, sagt Jorunn.

Neben der Vorbereitung der Operationssäle und der Handhabung der Geräte ist das OP-Pflegepersonal aber vor allem auch Ansprechpartner für Patienten und Angehörige. Dies ermöglicht die im Vergleich zum Rest Europas sehr hohe Anzahl an OP-Personal pro Patient in Norwegen. Es bleibt deshalb mehr Zeit, sich um die Bedürfnisse der einzelnen Patienten zu kümmern. Gerade auf der Station für orthopädische Chirurgie, wo auch die Jüngsten operiert werden, ist das wichtig.
Gut ausgebildetes OP-Personal:
die Basis für exzellente Patientenversorgung
Das norwegische Gesundheitssystem fördert die intensive Beziehung zwischen Pflegepersonal und Mensch. Der Leistungs- und Kostendruck ist aufgrund der staatlichen Krankenkassen geringer, Konkurrenz mit anderen Krankenhäusern um Patienten gibt es kaum. Das ermöglicht dem Pflegepersonal, für jeden Einzelnen mehr Zeit aufzubringen. Und darum geht es auch Trude, die in ihrer langen beruflichen Laufbahn schon viele Abteilungen und Krankenhäuser gesehen hat. Eines aber ist für sie immer gleich geblieben: »OP-Schwester ist ein toller, aber ein sehr fordernder Beruf. Unser Pflegepersonal ist top ausgebildet, es muss nicht nur präzise, strukturiert und zuverlässig arbeiten, sondern auch körperlich fit sein. Gleichzeitig dürfen wir nie vergessen, dass es schließlich immer um Menschen geht. Menschen, die sich in einer Ausnahmesituation befinden und verängstigt sind. Und genau dieser Spagat macht unseren Alltag so spannend. Jeder Tag ist anders, und alles bleibt immer in Bewegung.«
Informationen zum Universitätskrankenhaus Oslo (englischsprachige Webseite)
Informationen zum Ziehm Solo FD
Diese klinische Story wurde veröffentlicht in Heft 3 (2019).
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